Westfälische Athleten übertreffen bei der DM in Dortmund klar Vorjahresbilanz

Keine Zuschauer, dafür aber Top-Leistungen, spannende Wettkämpfe und eine erstklassig organisierte Veranstaltung mit einem vorbildlichen Hygienekonzept – so werden die 68. Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund in die Geschichte des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) eingehen. Für den Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) gab es bei diesen Titelkämpfen viermal Gold, dreimal Silber und viermal Bronze – sechs Plaketten mehr als bei den Vorjahres-Titelkämpfen in Leipzig.

„Wenn Zuschauer in der Halle gewesen wären, wäre wahrscheinlich dort aufgrund der spannenden Wettkämpfe die Hölle los gewesen", mutmaßte der Vizepräsident des DLV und des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) Peter Westermann.

Die Zuschauer von den Sitzen gerissen hätte es auf jeden Fall bei Marius Probst (TV Wattenscheid), für den sich im 1.500-Meter-Lauf bewahrheitete, dass man die Hoffnung niemals aufgeben sollte. Favorit Homiyu Tesfaye (TSV Pfungstadt) war schon deutlich enteilt und hatte einen Vorsprung von knapp 15 Metern, als es in die Schlussrunde ging. Der angehende Lehrer machte Meter um Meter gut und fing seinen Konkurrenten quasi auf dem Zielstrich noch ab. Mit 3:40,80 Minuten blieb der deutsche Freiluftmeister von 2020, der von Markus Kubillus betreut wird, unter der Norm für die Hallen-Europameisterschaften vom 5. bis 7. März in Torun (Polen) und wird bei diesen Titelkämpfen auch seine Chance wahrnehmen. „Den Sieg habe ich meinem Coach zu verdanken. Ich hatte während des Rennens ein wenig getrödelt, und Homiyu war schon fast 15 Meter weg. Mein Trainer hat mir zugerufen: 'Du siehst gut aus, du packst das noch'. Und ich weiß, dass ich hinten raus richtig stark bin. Ich freue mich riesig, den Titel nach 2017 und 2019 wieder nach Wattenscheid zu holen. Anscheinend klappt es alle zwei Jahre bei mir", vermutete Marius Probst.

Henrik Krause macht es über 400 Meter spannend

Auch Henrik Krause (LG Olympia Dortmund) machte es extrem spannend. Der Lokalmatador musste im Ziel erst einige Male durchatmen, bevor er richtig realisieren konnte, dass ihm im 400-Meter-Finale eine Riesen-Sensation gelungen war. Obwohl der Dortmunder erst im Nachrückverfahren in die Starterliste aufgenommen wurde, nahm er auf der Zielgeraden sein Herz in beide Hände, nutzte auf der Zielgeraden geschickt eine Lücke und stürmte in seiner neuen persönlichen Bestzeit von 47,03 Minuten zum Titel vor Konstantin Preis (47,05 Sek.) und Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz / 47,15 Sek.).

Mohamed Mohumed nutzte Lokalvorteil

Die Bahn in der Helmut-Körnig-Halle kennt Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund) bestens von vielen Trainingseinheiten. Daher war der 3.000-Meter-Lauf in vertrauter Umgebung ein „Heimspiel“ für ihn, und er nutzte seine Chance. In einem fulminanten Spurt, bei dem er die letzten 1.000 Meter in 2:28 Minuten und die abschließenden 200 Meter in 28 Sekunden zurücklegte, sicherte er sich den Titel in 8:10,05 Minuten vor Marcel Fehr (LG Filstal / 8:10,59 Min.) und dem überraschend starken Nils Voigt (TV Wattenscheid / 8:12,46 Min.). Nach seinem 5.000-Meter-Erfolg bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig war es für Mohamed Mohumed, der sich bei Zwischenzeiten von 2:50 Minuten über 1.000 Meter und 5:42 Minuten 2.000 Meter anfangs recht moderat zurückhielt, bereits der zweite DM bei den Erwachsenen. „Ich hab vor dem Rennen gemerkt, dass es in der Halle aufgrund der plötzlich gestiegenen Außentemperaturen zu warm ist, sodass ich beschlossen habe, nicht die Norm für die Hallen-EM anzugreifen und erst hinten heraus anzuziehen. Heute war das für mich das erste Hallen-Rennen in dieser Saison, nachdem ich Ende vergangenen Jahres an Corona erkrankt war. Dadurch hatte ich eine längere Pause, weil ich zwölf Tage nicht trainieren konnte. Daher fehlt noch etwas an meiner Topform", erklärte der Schützling von Pierre Ayadi. In der Freiluftsaison möchte Mohamed Mohumed die Olympianormen über 1.500 und 5.000 Meter unterbieten.

Auch Nils Voigt (TV Wattenscheid) bot über 3.000 Meter als Dritter in 8:12,46 Minuten eine erfreuliche Vorstellung. „Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass das Rennen am Anfang so langsam wird. Ich hatte mir eine Medaille erträumt, deswegen bin ich absolut happy“, befand der 24-jährige Wattenscheider, der im März bei einem Halbmarathon in Dresden starten möchte.

Silber für Hochspringer Falk Wendrich

Im Hochsprung musste sich Mateusz Przybylko (Bayer Leverkusen), der zuvor sechsmal den Titel in Folge gewann, bei den Hallen-Titelkämpfen wegen einer Fußverletzung mit 2,10 Meter und Rang fünf zufrieden geben. Seine Nachfolge trat Jonas Wagner (Dresdner SC) an, der sich nach einer spannenden Entscheidung den Titel vor Falk Wendrich (LAZ Soest / 2,23 Meter) und Tobias Potye (LG Stadwerke München / 2,20 Meter) sicherte. Der Soester, der immer hohe Ansprüche an sich selbst stellt, war allerdings damit nicht zufrieden. „Ich bin enttäuscht, denn ich habe keinen Bock mehr auf Silber“, sagte der 25-Jährige, der mit einer Saisonbestleistung von 2,25 Metern zur Hallen-DM gereist war. Falk Wendrich hatte zunächst einen souveränen Auftritt abgeliefert. Mit fünf fehlerfreien Versuchen hintereinander marschierte er von seiner Einstiegshöhe über 2,10 Meter bis zur Höhe von 2,23 Metern durch den Wettkampf. Erst bei 2,26 Metern hatte er Schwierigkeiten.

Im Hochsprung der Frauen gab es eine Überraschung durch Alexandra Plaza (LT DSHS Köln), die 2017 wegen fehlender Erfolge ihre Hochsprung-Karriere schon für beendet erklärt hatte. In Dortmund bezwang die frühere Vierte der U20-WM mit der Einstellung ihrer persönlichen Bestleistung von 1,86 Meter die Favoritin Christina Honsel (TV Wattenscheid), die als Zweite mit 1,83 Meter nicht ihren besten Tag erwischt hatte.

Brenda Cataria-Byll überrascht mit Bronze über 400 Meter

Im 400-Meter-Lauf bestätigte Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz) ihre Vorleistungen und setzte sich mit ihrer neue persönlichen Bestzeit von 52,01 Sekunden vor Laura Müller (SV GO Saar 05 / 52,60 Sek.) und der stark verbesserten Vorjahresjugendlichen Brenda Cataria-Byll (LG Olympia Dortmund) durch. Die Dortmunderin freute sich riesig über ihre Bronzemedaille in der neuen persönlichen Bestzeit von 53,69 Sekunden. „Ich selbst hatte mir keine Chancen ausgerechnet, es aufs Podium zu schaffen. Meine beiden Trainer haben mir das tatsächlich zugetraut, da sie mit mir an vielen Bausteinen gearbeitet haben und sich daher ausgerechnet haben, was hier für mich möglich ist. Dass es jetzt geklappt hat, hätte ich nie gedacht“, sagte die überglückliche Dortmunderin.