Hartmut Webers 400-Meter-Bestzeit wäre auch heute noch Weltklasse

Diese Erfolge erinnern an die glorreichen Zeiten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) auf der 400-Meter-Distanz: Am 9. September 1982 gewann Hartmut Weber, der heute (17. Oktober) seinen 60. Geburtstag feiert, bei den Europameisterschaften in Athen über 400 Meter in der Weltklassezeit von 44,72 Sekunden EM-Gold. Zwei Tage später jubelte der gebürtige Kamener zusammen mit Erwin Skamrahl, Harald Schmid und Thomas Giessing über den Titel in der 4 x 400-Meter-Staffel in 3:00,51 Minuten.

Ein Jahr später erkämpfte sich der Doppel-Europameister bei den Weltmeisterschaften in Helsinki den fünften Platz über 400 Meter in 45,49 Sekunden und wurde zusammen mit Erwin Skamrahl, Jörg Vaihinger und Harald Schmid in 3:01,83 Minuten Vize-Weltmeister mit der deutschen 4 x 400-Meter-Staffel.

Der gertenschlanke Viertelmeiler mit der markanten Nickelbrille (damals 1,86 m / 70 kg) ließ schon als Jugendlicher sein außergewöhnliches Talent über 400 Meter und 400-Meter-Hürden erkennen. Seinen ersten großen internationalen Auftritt hatte er 1979 bei den Junioren-Europameisterschaften im polnischen Bydgoszcz, als er über 400 Meter (45,77 Sek.) und in der 4 x 400-Meter-Staffel die Goldmedaille gewann.

Hartmut Weber, der am 7. Februar 1981 in Sindelfingen mit 45,96 Sekunden sogar einen neuen Hallenweltrekord aufstellte, hatte persönliche Bestzeiten von 20,75 Sekunden über 200 Meter, 44,72 Sekunden über 400 Meter und 49,10 Sekunden über 400-Meter-Hürden. Mit seiner einstigen Leistung auf der Flachstrecke würde er in diesem Jahr sogar noch die Welt- und Europarangliste anführen.

In den 1970er und 1980er Jahren startete Weber für den VfL Kamen und den OSC Dortmund. Während seiner Glanzzeit trainierte er im Vergleich zu anderen Weltklasse-Viertelmeiler relativ wenig, denn sein Körper hätte sonst gestreikt. „Ich bin meinem Trainer Rolf Krüsmann unheimlich dankbar, dass er genau wusste, was er mir zumuten konnte und was nicht, sonst hätte ich wahrscheinlich meine Erfolge nicht erzielt“, vermutet der 400-Meter-Europacup-Sieger von Zagreb (1981) und London (1983).

Für ihn war es vor wichtigen Wettkämpfen optimal, wenn er acht bis zehn Tage vorher sein Vorbereitungsprogramm drosselte und nur noch zwei, drei wettkampfspezifische Läufe im Training absolvierte. Der 300-Meter-Test drei Tage vor einem Rennen war für ihn obligatorisch.

Bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles wollte der Doppel-Europameister von 1982 seinen Erfolgskurs fortsetzen. Er qualifizierte sich für die Spiele, musste dort aber wegen einer Verletzung vorzeitig abreisen.

Botschafter im FLVW

Nach seiner aktiven Zeit engagierte sich Hartmut Weber für den Nachwuchs in seinem Heimatverein VfL Kamen, als Leichtathletiktrainer des Fußball- und Leichtathletik Verbandes Westfalen (FLVW) und als Nachwuchs-Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Auf Bitte von Torwart-Legende Hans Tilkowski († 2020) übernahm er 2014 zusammen mit Doppel-Olympiasiegerin Annegret Richter das Amt des Botschafter im FLVW.

„Ich habe durch den Sport unwahrscheinlich viele Menschen und Länder kennen gelernt. Das sind wertvolle Erfahrungen, die man sonst nirgendwo machen kann“. Diese Botschaft wollte er den Jugendlichen weiter vermitteln.

Als Trainer konnte Hartmut Weber sehr viele Erfahrungen, die er als Aktiver gesammelt hatte, in seine Tätigkeit einfließen lassen. Sein wichtigste Botschaft lautete: „Das A und O für einen Viertelmeiler ist die Verbesserung seiner Schnelligkeit. Wer nicht unter 20,90 Sekunden über 200 Meter laufen kann, wird es über 400 Meter nie unter 45 Sekunden schaffen.“ Zu seinen Kernsätzen zählten auch: „Jeder Athlet reagiert anders auf Reize. Darum gibt es kein Training, das auf alle passt.“ Und: „Die Läufer müssen ausgeruht ins Rennen gehen, physisch wie psychisch. Sonst wird nichts daraus.“

Im Vorstand der „Freunde der Leichtathletik“ engagiert sich Hartmut Weber seit 2011 als Beisitzer und seit 2017 mit großer Akribie und viel Sachverstand als Kassenwart. Sehr viel liegt ihm die Jugendarbeit des Fördervereins am Herzen, sodass die Jugend-Ehrungen für ihn einen besonderen Stellenwert haben.

Silbernes Lorbeerblatt und NRW-Sportplakette

Für seine Leistungen als Aktiver zeichnete ihn 1982 der damalige Bundespräsident Karl Carstens mit dem Silbernen Lorbeerblatt aus. Vor zwei Jahren erhielt er von NRW-Staatssekretärin Andrea Milz die Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen, die die höchste Sportauszeichnung in NRW ist.

Nach seiner glanzvollen Sportkarriere arbeitete der Diplom-Verwaltungswirt zunächst als Steuerprüfer. Von 2003 bis 2017 war der frühere Weltklasse-Viertelmeiler beim Deutschen Handballbund in Dortmund beschäftigt und dort für das Finanzwesen verantwortlich. Seit drei Jahren leitet der Geburtstagsjubilar die Finanzabteilung des Kirchenkreises Nordfriesland. Sein Wohnortwechsel von Nordrhein-Westfalen nach Schleswig-Holstein ist im hohen Norden schnell wahrgenommen worden.

Das neue „Nordlicht“ ist daher als designierter Nachfolger von Wolfgang Delfs, dem langjährigen Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen-Leichtathletik-Verbandes, im Gespräch.