Fußball-„Gipfel“ in Brilon: Im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

Der Fußball bewegt sich längst auch in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen und gesellschaftlicher Verantwortung. Vor diesem Hintergrund erörterten DFB-Präsident Reinhard Grindel, Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Finanzvorstand Peter Peters von Schalke 04 am Montagabend beim Hochsauerlandgespräch in Brilon die heutige Stellung des Fußballs. Zusammen mit Präsidiumsmitglied Jürgen Hillebrand vom Bezirksligisten SV 20 Brilon arbeitete der „Gipfel“ bei der Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung die Spagate zwischen Profis und Amateuren oder Geschäft und Tradition heraus.

DFB-Chef Grindel betonte zum Thema „Fußball ist mehr als ein 1:0 – die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs“ den Stellenwert der Sportart Nummer eins. „Wir zerfallen in Teilöffentlichkeiten, alle haben eigene Wahrnehmungen. Was alles zusammenhält, ist der Fußball mit seiner Integrationskraft. Alle reden gemeinsam darüber und freuen sich zusammen über ein Tor für die Nationalmannschaft, was zu unglaublichen Einschaltquoten führt. Dadurch ist das Spiel in seinem Wert gestiegen. Doch daraus erwachsen nicht nur wirtschaftliche Chancen, sondern auch eine soziale Verantwortung.“

Auch deswegen legten Watzke und Peters ein Bekenntnis zur „50+1“-Regel im deutschen Fußball ab. „Ich wehre mich dagegen, dass Leute, die Geschäfte mit dem Fußball machen wollen, so tun, als ob man mit der 50+1-Regel keinen Erfolg haben könnte. Der Beweis, dass ‚50+1‘ antiquiert ist, muss erst noch geführt werden.“ Seiner Ansicht nach ist „50+1“ außerdem ein wichtiger Beitrag zur Fankultur: „In England ist man als Fan Kunde, aber als Schalker oder Borusse willst du kein Kunde, sondern Teil des Ganzen sein. Wenn die Menschen das Gefühl nicht mehr haben, wird der Fußball Probleme mit der Emotionalität und Bindungskraft bekommen."

Peters teilte die Sichtweise. „Mir graut vor dem Tag, wenn bei den Ligaversammlungen nicht mehr Vereinsvertreter sitzen, sondern andere Charaktere und damit auch Gedankengut, das man leider mit ausländischen Investoren verbindet. Dann müssen wir anfangen, uns Gedanken über die Zukunft zu machen.“

Vorerst aber sieht Watzke die Bundesliga international gut aufgestellt. „Die Engländer haben trotz ihrer vielen Kohle wieder nur ein Team im Viertelfinale der Champions League, die Bundesliga aber zwei. Um mithalten zu können, muss man nicht genauso viel Geld in die Hand nehmen. Es geht auch mit weniger.“

Grindel will Zuschauerschwund entgegenwirken

Mit viel weniger müssen die Amateure auskommen – für Hillebrand eine Herausforderung: „Man muss Ideen haben, wie man den Verein attraktiver machen kann, und die Mitglieder mitnehmen und für Ziele begeistern. Dann kann man viel bewegen.“

Grindel stellte der Basis zudem Unterstützung in Aussicht. Der DFB will dem Besucherschwund in den Amateur-Klassen durch einen "Non League Day" an einem Samstag ohne Spiele in deutschen Profiligen entgegenwirken. „Wir wollen beispielsweise in Länderspielwochen möglichst viele Amateur-Begegnungen zum klassischen Bundesliga-Termin am Samstagnachmittag ansetzen“, erläuterte Grindel das Projekt: „Am ‚Non League Day' sollen viele von denen, die sonst in die Bundesliga-Stadien gehen, einen Anstoß haben, bei ihrem Amateur-Verein um die Ecke vorbeizuschauen. Wir wollen damit die Verbindung zwischen den kleinen Vereinen vor Ort und Zuschauern wieder stärken.“

Das soziale Engagement der Vereine insgesamt würde das verdienen. Egal, ob Amateure oder Profis helfen – immer wirkt der Fußball in die Gesellschaft. „Hinter dem materiellen Einsatz steht zuerst das Ideelle“, sagte Peters: „Der Fußball macht Probleme auch zu seinen Themen. Das ist mehr wert als jede Ablösesumme der Welt.“