Ex-Kicker Emil Bekker ist auch bei den Leichtathleten der Schnellste

So manch ein Bundesliga-Spieler würde Emil Bekker wahrscheinlich um seine Schnelligkeit beneiden. Der 17-jährige Sprinter der LG Olympia Dortmund fegte im vergangenen Jahr am 8. Juni in Gladbeck die 100 Meter in der für sein Alter exzellenten Zeit von 10,93 Sekunden herunter und war damit in Westfalen Schnellster des Jahrgangs 2003 – und das nach nur wenigen Monaten Aufbautraining.

Die neue Sprint-Rakete, die dem goldgas Talent-Team angehört, kommt aus dem Fußball-Lager. Zehn Jahre jagte er dem runden Leder nach und fiel dabei durch seine enorme Schnelligkeit auf. "Ich habe beim Fußball gemerkt, dass meine Stärke das Sprinten ist – vor allem, wenn es über die Flügel ging. Da bin ich immer allen davon gerannt, sodass mir eines Tages der Gedanke kam, es einmal mit der Leichtathletik zu versuchen, denn ich wollte wissen, ob ich auch dort der Schnellste bin", berichtet der aufgeweckte Jugendliche, der für verschiedene Vereine spielte – zuletzt für den TSC Eintracht 48/95 Dortmund.

Fußball-Spieler, die recht schnell sind, unterliegen der Gefahr, dass sie oft gefoult werden. Emil Bekker machte nur bedingt diese Erfahrung: "Ich war nie der Spieler, der in brenzelige Situationen hineingerannt ist und bin nie mit dem Kopf durch die Wand gegangen. Das hat mich vor manch einem Foul bewahrt."

Auch technisch, taktisch und mental zählte der hoffnungsvolle Kicker, der im zarten Alter von vier Jahren bei den Minis seine ersten sportlichen Erfahrungen sammelte, meist zu den Besten auf dem Platz. Vor anderthalb Jahren agierte er für kurze Zeit doppelgleisig, bis ihm ein Fußball-Trainer nach einem Probetraining sagte: "Du musst dich entscheiden – entweder Fußball oder Leichtathletik."

Emil Bekker überlegte nicht lange. Er gab der Individualsportart den Vorrang. Der pfeilschnelle Sprinter hat diese Entscheidung nicht bereut: "Als ich mit der Leichtathletik angefangen habe, bin ich in eine komplett andere Welt eingetaucht, weil ich gespürt habe, dass ich mehr der Einzel- und weniger der Mannschaftssportler bin. In der Leichtathletik kann man im Gegensatz zum Fußball anhand der Zeit oder Weite klar erkennen, wer der Bessere ist. Das schätze ich an dieser Sportart."

Bruchteile von Sekunden entscheiden oft im Sprint

Reizvoll an seiner neuen sportlichen Herausforderung ist für ihn auch, dass man auf den Punkt genau fit sein muss – vor allem im Sprint, bei dem manchmal Bruchteile von Sekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden. Dies erfuhr der ehemalige Kicker auch am 18. Januar 2020 bei den westfälischen Hallenmeisterschaften in Dortmund, als er im 60-Meter-Finale der Klasse U18 in der neuen persönlichen Bestzeit von 6,89 Sekunden vor dem favorisierten Wattenscheider Lennart Hartenberg (ebenfalls 6,89 Sek.) durchs Ziel stürmte. Die Kampfrichter brauchten lange, bis sie das Foto-Finish ausgewertet hatten.

2019 hatte die neue Sprinthoffnung der LG Olympia Dortmund noch eine persönliche 60-Meter-Bestzeit von 7,15 Sekunden. "Ich führe meine Steigerung im vergangenen Winter drauf zurück, dass ich noch jung bin und mit Thomas Czarnetzki einen exzellenten Trainer habe, der alle Details genau mit mir abstimmt. Ich bin ihm dafür sehr dankbar", betont der westfälische Jugend-Hallenmeister, der von seinem Coach sehr behutsam aufgebaut wird.

Daher hat sich Emil Bekker bisher auch weitgehend mit seinen 200-Meter-Starts zurückgehalten. Im vergangenen Jahr erzielte er in Gütersloh auf der langen Sprintdistanz respektable 22,55 Sekunden. Wesentlich schneller unterwegs war allerdings während der Hallensaison bei seinem starken Auftritt in der 4x200-Meter-Staffel der LG Olympia Dortmund, bei dem er als Startläufer den ersten Teilabschnitt in circa 21 Sekunden zurücklegte. Allerdings sieht er seine Perspektive nicht auf der langen Sprintdistanz.

Wenn Emil Bekker sich mit seinem Raketenstart aus den Startblöcken katapultiert, gibt es für ihn kein Halten mehr. Damit er auf den Punkt genau fit ist, konzentriert er sich eine Woche lang auf den Wettkampf, das heißt, er geht jeden Tag früh ins Bett, achtet auf seine Ernährung und blendet alles aus, wenn ihn in seiner Konzentration beeinträchtigen kann. Unterstützung erhält er bei seinen sportlichen Ambitionen durch seine Eltern und seinen Großvater, der früher einmal ein guter Mittelstreckler war. In diesem sportlichen Umfeld wird auch seine drei Jahre jüngere Schwester Biany groß, die zurzeit im Sport einen ähnlichen Weg wie ihr Bruder geht.

Emil Bekker, der gerne Gitarre spielt, ist zu Beginn des vergangenen Jahres vom Phoenix-Gymnasium zum Goethe-Gymnasium gewechselt, die zu den landesweit 16 NRW-Schulen zählt. Dort hat er auch die Möglichkeit zum Frühtraining, sodass er auf sechs Einheiten in der Woche kommt. Während der Corona-Krise trainiert er natürlich weiter – allein auf einem Ascheweg und nicht mit der sonstigen Intensität. Nachdem die strengen Auflagen in den letzten Tagen ein wenig gelockert wurden, kann er auf dem Mehrkampffeld vor der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle trainieren. Dort kann er auch wieder auf Kunststoff sprinten. Schließlich möchte er schon bald wieder bei Wettkämpfen im Stadion den Geschwindigkeitsrausch genießen.